Mittwoch, 30. April 2014

Elbow – The Take Off and Landing of Everything

(Fiction, 2014)


Über Bands, die man erst viel zu spät entdeckt, habe ich mich ja schon zu Zeiten des Kid Kopphausen-Albums ausgelassen. Ein ganz ähnliches Phänomen ist mir bei der britischen Slowcore-Band Elbow widerfahren: Nach den frenetischen Rezensionen zu „The Seldom Seen Kid“ und „Build a Rocket, Boys“ habe ich immer mal wieder kurz in das Oeuvre der Band gehört und konnte dennoch nicht recht warm werden mit den ausladenden Songs, die für Post-Rock zu poppig waren und den verschachtelten Texten, die für Pop zu Songwriter-esque daher kamen.
Und so verschwanden Elbow erst mal wieder aus meinem Sichtfeld bis ich – und ich gestehe dies ungern der Mechanik sozialer Netzwerke zu – über einen Freund auf ein Live-Video der Band stieß. Und da war es plötzlich: Dieses Gefühl, hier eine ganz besondere Band zu hören. Da war eine Dringlichkeit und ein ganz eigener Drive in dieser Musik, den die vorher gehörten Studio-Aufnahmen irgendwie vermissen ließen (oder schlichtweg nicht genau so gut transportieren konnten).



Als dann kurz darauf „The Take Off and Landing of Everything“ angekündigt wurde, habe ich es mir direkt vorbestellt. Doch als das Album dann da war, war die Enttäuschung erst mal groß: Das soll es jetzt gewesen sein? Irgendwie sprang der Funke nicht so recht über.
Zumindest nicht direkt. Doch mit der Zeit wuchs das Album. Mit jedem weiteren Hördurchgang kamen kleine, textliche Aha-Momente hinzu und schleiften sich die groß gedachten Melodien zunehmend in den Kopf ein. Und weiter und weiter rotierte das Album bis wirklich jeder in meinem Umfeld genervt „Schon wieder Elbow?“ fragte, sobald ich die Musik auswählen durfte.
Es ist an verschiedenen Stellen ja schon Viel und und Gutes über dieses Album gesprochen worden und dennoch gibt es einige Momente, die besonderer Beachtung bedürfen.
Da wäre zum Beispiel das Großartige „New York Morning“, das zunächst irgendwie unauffällig im Zusammenspiel des Albums untergeht. Doch dann ist da auf einmal dieser Ohrwurm, von dem man nicht mehr weiß, wo er genau herkommt. Und dazu die Zeilen
die einen nicht mehr los lassen:

Oh my God New York can talk.
Somewhere in all that talk is all the answers.
Everybody owns the great ideas,
And it feels like there's a big one round the corner.“

- New York Morning

Auch erwähnen kann man den kurz eingespielten Beat am Anfang von „Honey Sun“, der von einem der Bandmitglieder mit einem erschreckten „Whoa!“ quittiert wird, woraufhin vergnügtes Gelächter ausbricht – wie sympathisch diesen Scherz und kleinen Schnitzer in das Intro des Songs einzuarbeiten (oder es zumindest danach aussehen zu lassen).
Neben all den anderen ergreifenden Songs auf dem Album ist mir vor allem noch „My Sad Captains“ ans Herz gewachsen. Vermutlich liegt es an persönlichen Erinnerungen, die der Chorus in mir wach ruft – aber nichts desto trotz halte ich diese Stelle für eine der Berührendsten auf dem gesamten Album.

Another sunrise with my sad captains,
With who I choose to lose my mind.
And if it's so we only pass this way but once,
What a perfect waste of time.“

- My Sad Captains

Warum ich nun also deine Zeit – werte Leserin – mit diesen unnötigen und vorsortierten Beobachtungen verschwendet habe kann ich nur wie folgt erklären: Gib Dingen eine zweite Chance – es könnte sich lohnen. Und wenn nicht, hast du auch nichts verloren. (Sören Reimer)

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